Bundesverfassungsgericht urteilt zu Fixierungen in der Psychiatrie

Ärzte-Bewertungsportal Jameda muss Beurteilungen stärker überprüfen

von Agentur lege artis

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Ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe nimmt die Betreiber des Ärzte-Bewertungsportals Jameda in die Pflicht: Demnach muss Jameda die Verfasser von Beiträgen in Streitfällen künftig dazu auffordern, ihre Kommentare näher zu begründen. Im Zweifel muss das Portal von den Patienten auch Belege über die tatsächliche Behandlung einfordern. Anlass für das BGH-Urteil ist der Fall eines Zahnarztes. Ein Patient hatte ihn online mit der Schulnote 4,8 bewertet. Darüber beschwerte sich der Mediziner, denn nach seinen Angaben hatte er den Bewerter gar nicht behandelt. Jameda löschte den Beitrag auf Anfrage des Mediziners vorübergehend, gab ihn aber nach einer Prüfung wieder frei. Daraufhin zog der Zahnarzt vor Gericht, um Nachweise für die Behandlung und Informationen über den angeblichen Patienten einzuklagen.

 

Dem Urteil des BGH zufolge muss Jameda in Zukunft Nachweise für eine tatsächlich durchgeführte Behandlung verlangen, wenn der betroffene Arzt oder die Klinik Zweifel an der Richtigkeit der Bewertung hegen. Ein Rezept oder ein Eintrag ins Bonusheft reicht hierfür laut BGH schon aus. Bereits im Jahr 2014 hatte der BGH entschieden, dass die Betreiber von Bewertungsportalen bei Ungewissheit gegenüber Strafverfolgungsbehörden Angaben zu ihren Nutzern machen müssen. So sollten mögliche falsche Angaben aufgedeckt, die Persönlichkeitsrechte der User aber weiterhin gewahrt werden. Mit dem neuen Urteil können eingeforderte Behandlungsnachweise nun auch an den betroffenen Arzt weitergereicht werden – natürlich weiterhin anonym.

 

Auf dem Portal Jameda, das sich selbst als „Deutschlands größte Arztempfehlung“ bezeichnet, bewerten Patienten vor allem niedergelassene Ärzte. Auch Krankenhäuser können in Kategorien wie Behandlung, Aufklärung, Vertrauensverhältnis, Freundlichkeit, Ärzte und Pflegepersonal benotet werden. Für Klinikärzte ist eine Bewertung im Detail nicht möglich. Zufriedene Patienten können sie lediglich mit einem Klick auf einen Button weiterempfehlen. In dem aktuellen Fall hatte der angebliche Patient den Zahnarzt in den Kategorien Behandlung, Aufklärung und Vertrauensverhältnis jeweils mit einer 6 benotet. Außerdem hatte er angegeben, dass er den Mediziner nicht weiterempfehlen würde.

 

Das neue BGH-Urteil stärkt die Rechte der Ärzteschaft gegenüber den Patienten deutlich. Angesichts der Anonymität auf Portalen wie Jameda seien falsche Bewertungen oder andere Verletzungen der Persönlichkeitsrechte besonders wahrscheinlich, so die BGH-Richter. In einer Pressemitteilung erklärte Jameda-Chef Florian Weiß, die Nutzer müssten sich in Zukunft nicht davor fürchten, dass persönliche Informationen ohne Einwilligung weitergeleitet würden: „Patienten können auch weiterhin anonyme Bewertungen abgeben.“ Beurteilungen von Ärzten bleiben somit zwar – besonders vor dem Hintergrund der im Grundgesetz festgeschriebenen Meinungsfreiheit – zulässig, gegen Unwahrheiten können sich die Mediziner nun aber besser zur Wehr setzen.

 

Ob sich das Urteil im Fall Jameda grundsätzlich auf Bewertungsportale im Internet, beispielsweise für Technikprodukte, Hotels oder Reisen übertragen lässt, dazu hat sich der BGH noch nicht geäußert. Möglicherweise gibt die Langform des Urteils Aufschluss darüber. Diese ist derzeit noch nicht veröffentlicht. Den bisherigen Stand des Urteils finden Sie in einer Pressemitteilung auf der Website des BGH.

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