Krankenhaus Barometer 2019 veröffentlicht

von Lukas Wilke

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Das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) hat im vergangenen Dezember sein "Krankenhaus Barometer" für 2019 veröffentlicht. Für die jährliche Umfrage, die das DKI bereits zum 20. Mal durchgeführt hat, wurde eine repräsentative Stichprobe von Krankenhäusern mit mehr als 100 Betten befragt. 268 Kliniken haben an der Befragung teilgenommen. Neben der wirtschaftlichen Situation der deutschen Kliniklandschaft lag ein Hauptaugenmerk auf den Pflegepersonaluntergrenzen. Zudem beleuchtet die Studie die Themen Fachkräftemangel sowie Gewalt gegenüber Mitarbeiter*innen.

 

Deutschen Krankenhäusern geht es schlechter

Die wirtschaftliche Situation hat sich im Jahr 2018 in vielen deutschen Krankenhäusern zugespitzt. Gut die Hälfte der Kliniken vermeldete einen Jahresüberschuss, knapp 9 Prozent konnten immerhin von einem ausgeglichenen Endergebnis sprechen. Mehr als 40 Prozent der Kliniken erwirtschaftete hingegen einen Jahresfehlbetrag – 2017 war das nur bei 30 Prozent der Fall gewesen, während noch knapp zwei Drittel der Häuser schwarze Zahlen schrieben. Es verwundert daher nicht, dass etwa 45 Prozent der Krankenhäuser ihre wirtschaftliche Situation als unbefriedigend bewerten und auch nur ein Sechstel davon ausgeht, dass sich das in Zukunft ändert.

 

Pflegepersonaluntergrenzen als zentrale Herausforderung

Wohl kaum ein Gesetz von Jens Spahn hat die Krankenhauslandschaft im vergangenen Jahr so beschäftigt, wie die Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung (PpUGV), die am 01. Januar 2019 in Kraft trat. Seitdem müssen Kliniken für sogenannte pflegeintensive Bereiche (Geriatrie, Kardiologie, Unfallchirurgie und Intensivmedizin) bestimmte Mindestgrenzen für die Tag- und Nachtschichten einhalten. Andernfalls ist mit Sanktionen zu rechnen.

 

Laut Krankenhaus Barometer weisen vier von fünf Häusern mindestens einen solchen Bereich auf – Intensivmedizin (55,2 %) und Unfallchirurgie (47,8 %) werden am häufigsten vorgehalten. Und nur eine Minderheit war im ersten Quartal 2019 in der Lage, die Untergrenzen in allen Schichten einzuhalten. Vor allem in kardiologischen (18 %) und unfallchirurgischen Abteilungen (12 %) stieß der Pflegedienst an seine Grenzen, zudem waren vermehrt die Nachtschichten betroffen.

 

Um die Defizite aufzufangen, haben viele Krankenhäuser tiefgreifende Veränderungen und Belegmanagement vorgenommen. Dabei kamen Bettensperrungen besonders oft zum Einsatz: 37 Prozent der Kliniken mussten bis zur Jahresmitte Intensivbetten sperren, knapp ein Drittel meldete sogar ganze Krankenhausbereiche ab. Die Gründe dafür waren vielfältig. So machten den Häusern beispielsweise kurzfristige Personalausfälle (97 %), der gestiegene Dokumentationsaufwand (88 %) oder die fehlende Anrechenbarkeit von Pflegehilfspersonal mit weniger als einem Jahr Ausbildung zu schaffen.

 

Die Folgen bekommen wiederum die Pflegekräfte zu spüren: Etwa zwei Drittel der Kliniken steuert die Personalbesetzung mittlerweile tagesaktuell, um die Untergrenzen einhalten zu können. 40 Prozent mussten ihre Mitarbeitenden zudem öfter aus dem Frei abrufen. Auch Urlaubssperren traten vereinzelt auf. Die Personalsituation in den ohnehin stark vom Fachkräftemangel gebeutelten Krankenhäusern (laut DKI fehlten im vergangenen Jahr etwa 3.300 Vollzeitstellen im ärztlichen Dienst und rund 12.000 in der Pflege) hat sich also noch einmal verschärft.

 

Gewalt fast überall ein Thema

Auch die Gewalt gegenüber Mitarbeitenden nimmt weiter zu. Sowohl für verbale als auch für körperliche Übergriffe durch Patient*innen oder Dritte (Angehörige, Begleitungen, etc.) melden 59 % der Krankenhäuser für die letzten fünf Jahre gestiegene Zahlen. So gab es 2018 im Schnitt etwa 83 Gewaltvorfälle pro Jahr und Krankenhaus. Da dies aber nur die offiziell gemeldeten Taten umfasst, dürfte die Dunkelziffer noch erheblich höher liegen.

 

Auffallend ist, dass vor allem das Pflegepersonal häufig (32 %) oder gelegentlich (61 %) betroffen ist. Ärztinnen und Ärzte werden deutlich seltener angegriffen (4 % häufig, 71 % gelegentlich). Zudem bestätigt die Umfrage wieder einmal, dass es in Notfallambulanzen, Intensivbereichen und auf psychiatrischen Stationen besonders häufig zu Gewaltausbrüchen kommt. Oft sind bestimmte Erkrankungen oder der Einfluss von Drogen, Alkohol und Medikamenten die Auslöser. Auch lange Wartezeiten spielen eine große Rolle.

 

Ein Großteil der Häuser hat mittlerweile mit speziellen Präventionsmaßnahmen reagiert. In drei viertel der Häuser gibt es Zugangskontrollen und Videoüberwachung. Ähnlich verbreitet sind Deeskalationstrainings oder spezielle Seminare zum Umgang mit Gewalt für Mitarbeitende in besonders gefährdeten Bereichen. Bereits betroffene Kolleg*innen können zudem oft psychologische Unterstützung in Anspruch nehmen (58 %). Zudem setzt mehr als jedes dritte Haus einen Sicherheitsdienst ein.

 

Zahlen zu Übergriffen durch Kolleg*innen und Vorgesetzte wurden nicht erhoben.

 

Mitarbeiterbindung oder Mitarbeiterrekrutierung?

Angesichts der schlechten Arbeitsbedingungen bemühen sich viele Häuser, die Beschäftigungssituation zu verbessern. Zum einen wird intensiv versucht, weitere Mitarbeiter*innen zu gewinnen. Die verbreiteten Maßnahmen reichen von größeren Ausbildungskapazitäten über mehr Stellenanzeigen und Wechselprämien bis hin Fachkräften aus dem Ausland oder Zeit- bzw. Honorararbeitskräften. Da der Arbeitsmarkt gerade in der Pflege aber stark ausgedünnt ist, haben viele dieser Maßnahmen nicht den gewünschten Effekt. Das gezielte Ansprechen von Mitarbeitenden aus anderen Klinken oder ambulanten Pflegediensten bleibt aber weitestgehend tabu.

 

Stattdessen beginnen immer mehr Häuser, primär in ihre Arbeitgebermarke und eine gesunde Unternehmenskultur zu investieren, um bereits beschäftigte Mitarbeitende an sich zu binden. Unternehmensziele wie die Qualität der Leistungserbringung, hohe Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit, ein gutes Image und hohe Attraktivität des Arbeitsplatzes bewerten die Häuser flächendeckend als besonders wichtig. Dieser Strategie werden sogar ökonomische Ziele untergeordnet. Bezüglich der Zielerreichungsquote scheint allerdings gerade die Mitarbeiterzufriedenheit oft auf der Strecke zu bleiben. Erfolgreiche Mitarbeiterbindung bleibt also weiterhin eine der zentralen Herausforderungen im Krankenhaus.

 

Weitere Informationen sowie zahlreiche Grafiken finden sie im Krankenhaus Barometer 2019. Die Studie steht unter www.dki.de als kostenloses PDF zur Verfügung.

 

© Bild: iStock.com/Goodboy Picture Company

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