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Von mündig bis überfordert – Patienten in Deutschland

von Moritz Pfingsten

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Der mündige Patient als Mittelpunkt des zukünftigen Gesundheitssystems – Realität oder Wunschvorstellung? Mit dieser Frage beschäftigte sich schon der letzte Beitrag auf kliniksprecher.de. Eine repräsentative Studie der Universität Bielefeld ergab nun: Mehr als die Hälfte der Deutschen hat Schwierigkeiten im Umgang mit Gesundheitsinformationen und fühlt sich von der Menge an Inhalten oft überfordert.

 

Von den 2.000 Befragten über 15 Jahre weisen demnach 44 Prozent eine deutlich eingeschränkte, 10 Prozent sogar eine unzureichende Gesundheitskompetenz auf. Damit ist die Fähigkeit gemeint, Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen und zu beurteilen, um dann gesundheitsrelevante Entscheidungen treffen zu können. Menschen mit einer geringen Gesundheitskompetenz haben beispielsweise erhebliche Schwierigkeiten damit, Packungsbeilagen von Arzneimitteln zu verstehen oder zu entscheiden, wann es sinnvoll ist, eine ärztliche Zweitmeinung einzuholen. Folglich steigt für sie die Gefahr, bei einer Erkrankung keine angemessene Behandlungs- oder Pflegeleistung zu erhalten.

 

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe nimmt daher alle Verantwortlichen aus dem Gesundheitswesen in die Pflicht, diesem Zustand entgegenzusteuern. Er hebt dabei vor allem das Arzt-Patienten-Gespräch hervor: „Je mehr Patientinnen und Patienten über Vorsorge, Krankheitsbilder und Behandlungsmöglichkeiten wissen, desto besser können sie Krankheiten vorbeugen und informierte Entscheidungen treffen.“ Auch beim Angebot von Gesundheitsinformationen im Internet sieht Gröhe Verbesserungsbedarf, da „sich neueste wissenschaftliche Forschungsergebnisse nicht immer leicht von werblichen Angeboten und interessengeleiteten Empfehlungen unterscheiden.“

 

Die Studie zeigt zudem, dass Menschen mit einer geringen Gesundheitskompetenz ihren Gesundheitszustand oft schlechter einschätzen und häufiger unter chronischen Erkrankungen leiden. Bei Menschen, die einen vergleichsweise niedrigen Bildungsstatus haben, die sich in einem hohen Lebensalter befinden oder die einen Migrationshintergrund haben, ist die gesundheitliche Kompetenz am seltensten gegeben. Eine Übersicht der Studienergebnisse finden Sie auf der Website der Universität Bielefeld.

 

Die Studienleiterin Professorin Dr. Doris Schaeffer will angesichts der Ergebnisse nun zusammen mit einer Expertengruppe einen „Nationalen Aktionsplan für Gesundheitskompetenz“ ausarbeiten. In den nächsten zwei Jahren soll es vor allem darum gehen, wie Information für Patienten neu aufbereitet und angemessen vermittelt werden können. Dem Konzept des mündigen Patienten ließe sich so sicher einen Schritt näherkommen.

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